Fall Ullrich vor Entscheidung
Die Unsicherheiten um die Verstrickung des früheren T-Mobile-Kapitäns Jan Ullrich in die Doping-Affäre um Eufemiano Fuentes könnten bald beendet sein. Laut "Focus" plant die wegen Betrugsverdachts gegen Ullrich ermittelnde Staatsanwaltschaft Bonn einen DNA-Abgleich. Der würde klären, ob die bei der Razzia im Mai 2006 in Madrid sichergestellten und Ullrich zugerechneten Blutbeutel wirklich sein Blut enthalten.
Der 33-Jährige bestreitet weiter, in den Doping-Fall verwickelt zu sein oder den von der spanischen Justiz verfolgten Frauenarzt aus Madrid überhaupt zu kennen. Nach der Durchsuchung seiner Villa an der Schweizer Seite des Bodensees hatten die dortigen Behörden von Ullrich eine Speichelprobe genommen, berichtet "Focus". Ullrich kann bis Ende Januar Widerspruch gegen die Herausgabe seiner DNA einlegen. Das in Spanien sichergestellte Blutplasma soll vom dortigen Ermittlungsrichter bereits zur weiteren Auswertung frei gegeben worden sein.
Harte Linie gegen Verdächtige
Tour-Direktor Christian Prudhomme hatte den in die Affäre verstrickten Radprofis Ullrich und Ivan Basso bereits gestern wenig Hoffnung auf einen Start im Juli gemacht. "Wir behalten uns das Recht vor, Fahrer auszuladen - Namen spielen dabei keine Rolle", sagte der Franzose am Samstag als Gast der T-Mobile-Team-Präsentation in Cala d'Or auf Mallorca. Bis zum Tourstart am 7. Juli in London sei es noch weit hin, täglich ändere sich die Nachrichtenlage in der Fuentes-Affäre. Aber der Tourchef ließ an seiner Haltung kaum Zweifel: "Wir sind vorbereitet, wenn sich nicht zugelassene Fahrer ins Rennen klagen wollen."
Zuvor hatte bereits Kai Rapp, Chef der Deutschland-Tour, Basso und Ullrich auf ARD-Druck unmissverständlich die Rote Karte gezeigt und sie als "unerwünscht" bezeichnet. Auch keiner der anderen 51 in die Fuentes-Affäre verstrickten Fahrer soll bei der Deutschland-Tour an den Start gehen. Wenngleich Prudhomme derlei klare Aussagen noch vermeidet, verfolgt er laut Rapp eine ähnliche Strategie: "Es besteht kein Zweifel, dass wir die gleiche klare Linie vertreten." So forderte Prudhomme mit Verweis darauf, dass es fast täglich neue Erkenntnisse im Fuentes-Fall gebe: "Der Vorsatz von Straßburg, Tabula rasa zu machen, muss weiter halten". Damit nahm der Franzose Bezug auf den Ausschluss der beiden Top-Profis unmittelbar vor dem Tourstart 2006.
Ullrich-Fans mit Nibelungentreue
Unabhängig davon geht Giro-Sieger Basso davon aus, als Kapitän des amerikanischen Discovery-Channel-Teams in London an den Tour-Start zu gehen. Etwas großspurig hatte er bei der Präsentation der Italien-Rundfahrt im alten Jahr erklärt, nach seinem zweiten Giro-Sieg 2007 auch seinen ersten Tour-Erfolg anzupeilen. Ullrich, dem zwei Zivil-Gerichts-Verfahren und ein Sportrechts-Prozess drohen, hat zur Zeit weder eine Lizenz noch ein Team. Die zweifelhafte Entscheidung der Vereinigung der Elite-Teams, Discovery Channel wegen der Basso-Verpflichtung nicht auszuschließen, könnte allerdings wie Wasser auf seine Mühlen gewirkt haben.
Wenn die Bonner Staatsanwälte jetzt jedoch die Verbindungen zwischen Fuentes und Ullrich offen legen würden, wäre es um die ohnehin recht vage sportliche Zukunft der einstigen deutschen Radsport-Ikone wohl endgültig geschehen – wenngleich ihm trotz bereits erdrückender Indizien gegen ihn die Fans offensichtlich weiter die Treue halten. In einer Ted-Umfrage sprachen sich am Samstag 75 Prozent der Zuschauer des ZDF-Sportstudios für ein Tour-Startrecht aus.
Spenden für Landis
Auch der Fall des positiv getesteten Toursiegers Floyd Landis (USA) ist noch nicht abgeschlossen. "Die Entscheidung der amerikanischen Anti-Doping-Behörde steht bevor. Danach muss der Weltverband reagieren", sagte Prudhomme, der den faktisch Zweiten, Oscar Pereiro (Spanien), gerne endlich zum Toursieger 2006 küren würde. Landis, der zur Finanzierung seiner enormen Anwaltskosten ein Spenden-Konto eingerichtet hat, wurde mittlerweile zu einer Anhörung am 8. Februar vor die französische Anti-Doping-Agentur AFLD geladen.
Sie könnte eine mögliche Sperre für Frankreich aussprechen, so dass Landis der Weg zur nächsten Tour auch versperrt bliebe, wenn ihn sein Heimatverband wider Erwarten frei sprechen sollte. Der 32-jährige Landis ("Ich will nochmal die Tour gewinnen") war in zwei Doping-Proben positiv auf Testosteron, macht aber Verfahrensfehler bei der Analyse geltend und streitet ein Vergehen ab. Das Urteil in den USA gegen ihn soll im März gefällt werden.
http://www.n-tv.de/753238.html
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